Was ist Robotic Process Automation (RPA)?
Robotic Process Automation (RPA) entstand um die Jahrtausendwende aus unterschiedlichen Technologien, die es einem Bot erlauben den Computer automatisiert so zu bedienen, wie ein Mensch es tun würde. Sie erfassen Texte oder Bilder und führen Mausklicks oder Tastatureingaben aus. Ein bekannter Vorläufer von RPA ist die Testautomatisierung.
Warum sich Unternehmen für RPA entscheiden
RPA wird meist als No-Code oder Low-Code Plattform beworben, häufig mit der Aussage, dass man fast keine Unterstützung durch Entwickler oder die IT benötigt. Anbieter wenden sich meist direkt an die Fachabteilungen. Die IT wird beim Auswahlprozess häufig erst sehr spät oder überhaupt nicht eingebunden, was sich später als problematisch herausstellen kann. In einem ersten Projekt werden schnell umsetzbare Prozesse von geringer Komplexität ausgewählt, um den potenziellen Nutzen für den Einsatz der Lösung aufzuzeigen. Zusammengefasst kann man sagen, dass der Eindruck erweckt wird, RPA sei einfach zu bedienen und weise eine geringe Komplexität in der Handhabung auf.
Warum RPA-Initiativen ins Stocken geraten
Die Gründe für eine ins Stocken geratene RPA-Initiative können ganz unterschiedlich sein. Es gibt jedoch ein paar Themenfelder, die immer wieder zu erheblichen Problemen bei RPA-Projekten führen. Meist gibt es zu Beginn des Projektes nur einen Anwendungsfall, der im Rahmen eines Piloten umgesetzt werden soll. Ist der Pilot erfolgreich in Produktion gegangen, folgen jedoch keine weiteren Anwendungsfälle. Aber warum ist das so?
Hier sind einige Punkte aufgeführt, die zu solch einem Ergebnis führen können:
• Unterschätzung der Komplexität
• Unzureichende Analyse
• Falsche Auswahl des RPA-Tools
• Keine Automation-Pipeline
• Fehlende Infrastruktur und Ressourcen
• Mangelhafte Umsetzung durch den Implementierungspartner
• Fehlendes Projektmanagement
• Mangelnde Governance
• Nicht als strategische Initiative aufgesetzt
• Kein Budget vorhanden
Unterschätzung der Komplexität
Von Unternehmensberatungen und RPA-Anbietern wird immer wieder betont, wie einfach RPA einzusetzen ist. Das kann man zwar so stehen lassen, aber je nach Projekt ist ein Projektmanagement unerlässlich. Einfach ohne die nötige Governance drauf los entwickeln kann schnell in einem Chaos enden. Aus mangelnden Vorgaben entstehen schnell uneinheitlich entwickelte Bots und unübersichtliche Produktionsumgebungen.
Unzureichende Analyse
Getreu dem Motto „Fang schon mal an, die Doku kommt später.“, liefert man die Steilvorlage, Projekte „in den Sand“ zu setzen. Was bei kleinen Entwicklungen, die nur wenige Tage beanspruchen, vielleicht noch geht, funktioniert bei größeren Projekten aus Erfahrung überhaupt nicht. Eine Fülle von Change Requests oder sogar Sackgassen sind häufig die Folge, wenn Anforderungen erst im Projektverlauf bekannt werden.
Falsches RPA-Tool ausgewählt
Auf das falsche Pferd gesetzt – Diese Ausrede zählt nicht wirklich, oder? Es gibt zwar große Unterschiede hinsichtlich der RPA-Plattformen, jedoch lassen sich die meisten Anforderungen gleichwohl mehr oder weniger gut mit unterschiedlichen RPA-Tools erfüllen. Weist das Tool aber eine umständliche Bedienung auf oder sind bestimmte Features nicht enthalten, kann das schnell zur Ablehnung bei den Nutzern führen. Richtig problematisch wird es vor allem dann, wenn ein RPA-Tool nicht mehr vom Hersteller unterstützt oder weiterentwickelt wird, in diesem Fall kann man wirklich davon sprechen “Pech gehabt” zu haben. Natürlich ist es immer sinnvoll eine Toolauswahl anhand der eigenen Anforderungen durchzuführen. Gibt es beispielsweise im Unternehmen viele Java Entwickler, lohnt es sich abzuwägen, ob ein RPA-Tool mit Java Unterstützung geeigneter ist als eines ohne dieses Feature.
Keine Automation-Pipeline
Projekt erfolgreich umgesetzt und keine neuen Betätigungsfelder gefunden? Um das Maximum aus einer RPA-Plattform herauszuholen, ist eine grundlegende Strategie erforderlich. Eine Analyse der Geschäftsprozesse und die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden im Hinblick auf Automatisierungspotentiale sind die Schlüssel zu einer gut gefüllten Automation-Pipeline.
Fehlende Infrastruktur und Ressourcen
Sie würden gerne die Automatisierung vorantreiben, aber es gibt keine Kolleg:Innen, die mitwirken können oder es fehlt einfach an der nötigen Soft- und Hardware? Hinsichtlich der Infrastruktur gibt es viele Möglichkeiten kostensparend Kapazitäten zu schaffen. Meist sind es jedoch die fehlenden Zeitkapazitäten, die als limitierende Ressource nicht in genügendem Umfang zur Verfügung stehen. Um voranzukommen, werden Beschäftigte benötigt, die motiviert sind und die notwendige Zeit haben – Es lohnt sich Mitarbeitende entsprechend Zeit frei zu schaufeln, um weitere Potenziale zu heben.
Mangelhafte Umsetzung durch den Implementierungspartner
Sie haben externes Know-how eingekauft und sind trotzdem nicht so weit gekommen wie erhofft? Mit diesem Erlebnis sind Sie nicht allein: Um diese Situation möglichst zu vermeiden, lohnt es eine Anbieterauswahl durchzuführen und möglichst konkrete Anforderungen an den Partner zu stellen. Auch ein Kompetenzen-Profil der eingeplanten Beschäftigten kann dabei hilfreich sein. Im Projektverlauf sollte immer eine klare Kommunikation herrschen, insbesondere was die Punkte Projektverlauf, Budgetverbrauch und Change Requests angeht. Oftmals geht eine mangelhafte Umsetzung Hand in Hand mit einer schlechten Kommunikation.
Fehlendes Projektmanagement
RPA-Projekte sind im Grunde genommen IT-Projekte und sollten auch so behandelt werden. Unabhängig davon, ob agile oder klassische Methoden verwendet werden, ist ein Mindestmaß an Vorbereitung und Projektsteuerung notwendig. Läuft etwas aus dem Ruder, muss das Projektmanagement eingreifen. Ihm kommt daher eine große Bedeutung zu.
Mangelnde Governance
Ähnlich wie mit dem Projektmanagement verhält es sich mit der IT-Governance. Damit Projekte erfolgreich zum Abschluss gebracht werden, benötigt man Vorgaben, die allen Beteiligten klar sind. Nach Projektende muss sich der Bot unter Einhaltung aller „Spielregeln“ in die Unternehmensabläufe integrieren. Governance umfasst deshalb, neben dem Projektmanagement, auch die Vorgaben hinsichtlich Security, Dokumentation und Best Practises bei der Bot-Erstellung und im Betrieb.
Nicht als strategische Initiative aufgesetzt
Wenn RPA nur für einen bestimmten Einsatzzweck eingekauft wurde, kann es passieren, dass der Automatisierung ein Nischendasein droht. Das Potenzial von RPA kann sich erst voll entfalten, wenn man die notwendige Schützenhilfe aus dem Management erhält. Als hinderlich erweist es sich, das Thema innerhalb eines Bereiches zu platzieren, der nicht ausreichend mit allen anderen Unternehmensbereichen vernetzt ist.
Kein Budget vorhanden
Das Proof of Concept ist vielversprechend verlaufen, der Pilot erfolgreich implementiert und doch tritt man auf der Stelle? Häufig stellt man trotz einer Begeisterung für das Thema plötzlich fest, dass nicht ausreichend Mittel vorhanden sind und RPA-Projekte daher verschoben werden. Bedenkt man, dass bei den meisten RPA-Projekten ein ROI innerhalb von neun bis zwölf Monaten machbar ist, könnten viele Projekte früher umgesetzt werden, als es derzeit der Fall ist. Das Thema Prozessautomatisierung sollte daher bei der Erstellung der Budgetplanung aufgenommen werden.
Bevor sie bei RPA den Stecker ziehen
Ab wann kann man ein RPA-Projekt als „gescheitert“ einstufen? Von RPA-Anbietern wird propagiert, dass RPA viele Vorteile gegenüber der klassischen Softwareentwicklung bietet. Die zwei Kernfaktoren, die dabei im Vordergrund stehen sind Zeit- und Kostenersparnis. Daran muss sich ein RPA-Projekt in erster Linie messen lassen. Aber mal Hand aufs Herz, wenn der ROI länger braucht, als kalkuliert, muss es noch lange nicht das Aus für ihre RPA-Initiative bedeuten.
Bevor man das Thema RPA ad acta legt und gänzlich als gescheitert betrachtet, lohnt es sich zunächst eine Standortbestimmung durchzuführen. Trotz einzelner negativer Erfahrungen schlummert in dem Thema noch ein riesiges Potential, dass Unternehmen voranbringen kann.
Auf eine ehrliche Analyse kommt es an. Fehler müssen offengelegt werden und als Lernpotential erkannt werden. RPA-Projekte unterscheiden sich diesbezüglich nicht von anderen Projekten.