Condition Monitoring in der Baubranche 

Wo ist eigentlich Berta gerade?

„Wo ist eigentlich Berta?“ – diese Frage stellt sich der Disponent im Maschinenpark des Unternehmens wahrscheinlich öfter. Dabei handelt es sich aber keinesfalls um einen Menschen, denn „Berta“ ist einer der größten, leistungsstärksten und damit teuersten Bagger. 

Die Baubranche ist ein Milliardengeschäft, in der Leistung und Rendite wichtige Eckpfeiler des Geschäfts sind. Da liegt es auf der Hand, die Effizienz des Fuhrparks durch gute Disposition und hohe Verfügbarkeit auf ein Maximum zu steigern.  

Durch neue Technologien, tiefgreifende Digitalisierung und den daraus resultierenden Erkenntnissen können Systeme und Prozesse in zahlreichen Branchen verbessert werden. Das Internet of Things (IoT), die damit verbundenen Technologien und Trends sind weiterhin auf einem Wachstumskurs. Laut einer Studie von Statista und Transforma Insights sollen sich allein im Bausektor die Anzahl der sogenannten „Connected Devices“ bis 2030 verdoppeln (2023: 15,5 Mio., 2030: 34,6 Mio.). 

Überwachung mit IoT-Devices 

In unserem Anwendungsfall ist es dabei ein großer Vorteil, zu wissen, wo sich das Equipment befindet. Für die tägliche Arbeit im Fuhrpark ist es zudem hilfreich, die Vitalwerte der Baumaschine zu kennen. Hier reicht das einfache Tracking nicht mehr aus. Dementsprechend wird eine Zustandsüberwachung (Condition Monitoring) mittels definierter Metriken herangezogen. Abhängig vom Typ und der Schnittstelle der Baumaschine können beispielsweise folgende Metriken extrahiert werden: 

  • Ölstand und -druck
  • Füllstand des Kraftstofftanks
  • Geschwindigkeit
  • Temperaturen
  • Vibration und Beschleunigung
  • Motordaten
Abb. 1: Architektur eines Condition Monitoring

Anwendungsfälle mit Condition Monitoring 

Baufahrzeuge sind den Kräften der Natur ausgesetzt, z. B. Feuchtigkeit oder Hitze, Schlamm oder Staub. Diese Faktoren können unter Umständen die Leistung der Maschine beeinträchtigen oder zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch führen. Die aus dem Condition Monitoring gewonnen Daten liefern daher einen ersten Hinweis zu notwendigen Reparaturen und Verbesserungen, wie z.B. dem Reinigen eines Filters, können im weiteren Verlauf aber auch aufgezeichnet und analysiert werden.  

Die Erkenntnisse aus der Zustandsüberwachung können genutzt werden, um den Wartungsplan der Maschinen je nach Verschleiß der Komponenten zeitlich anzupassen oder sogar mit Hilfe von Machine-Learning-Algorithmen eine vorausschauende Wartung zu etablieren – und damit eine höhere Verfügbarkeit und Effizienz der Flotte zu erreichen. 

Um die Problemstellung zu lösen, werden jedoch leistungsfähige, skalierbare und zuverlässige Komponenten für Datenerfassung, -übertragung, -speicherung und -analyse benötigt. 

Datenerfassung an der Maschine 

Die Erfassung der Daten erfolgt durch sogenannte IoT-Devices am Gerät selbst. Diese können die Daten entweder direkt oder über einen Adapter aus einer Schnittstelle auslesen. Die Daten werden anschließend in einem Telegramm zusammengefasst und über das Mobilfunknetz an einen Server zur Weiterverarbeitung übermittelt. 

Die IoT-Devices stammen in unserem Anwendungsfall von Teltonika Telematics, einem Unternehmen aus Litauen, dass sich auf das Tracking und Sammeln von Telemetriedaten spezialisiert hat. Teltonika bietet eine robuste Hardwareplattform sowie umfangreiche Konfigurationsmöglichkeiten, um Daten schnell und sicher an Endpunkte zu übertragen. 

Anpassungen oder Änderungen an der Software der IoT-Devices müssen nicht zwingend vor Ort vorgenommen werden, da hier mit FOTA WEB ein leistungsfähiges Webinterface zur Fernwartung der IoT-Devices zur Verfügung steht. Die Devices sind mit einer speziellen IoT-SIM ausgestattet, die bis zu fünf Jahre lang Daten sendet – verfügbar in 134 Ländern weltweit. Dies ermöglicht absolute Unabhängigkeit und Datensicherheit, auch wenn das Equipment einmal im Ausland unterwegs ist. 

Effiziente Datenübertragung mittels MQTT-Protokoll 

Die Datenübertragung vom Gerät erfolgt beispielsweise über das IoT-Protokoll MQTT (Message Queuing Telemetry Transport), einem offenen Netzwerkprotokoll zur Übertragung von Nachrichten. Die Besonderheit liegt hier in der schlanken und effizienten Struktur, die eine Informationsübertragung auch bei schlechter Netzabdeckung ermöglicht. Mechanismen zur sicheren Datenübertragung gewährleisten zudem die Integrität der Datensätze und sorgen durch Verschlüsselung für einen sicheren Datentransport. 

Die Datensätze werden an einen Broker – einen zentralen Datenhub im MQTT-Protokoll – gesendet. Dieser kann sich sowohl in der Public Cloud (Azure, AWS, GCP) als auch in der DMZ des lokalen Rechenzentrums befinden. Der Broker liefert nun die empfangenen Daten an die Clients, die diese dann weiterverarbeiten. In unserem Anwendungsfall wird ein Container verwendet, der die Daten zur Speicherung und Analyse an eine Big-Data-Plattform weiterleitet. 

Durch die oben beschriebene offene Architektur ist es zudem möglich, zahlreiche weitere IoT-Devices (z.B. Temperatursensoren) über das MQTT-Protokoll an den Broker zu übertragen. 

Datenvisualisierung mit Big Data 

Diese Big-Data-Plattform bietet die Möglichkeit, die gesammelten Daten zu visualisieren, wodurch Korrelationen und Analysen schnell und effizient erstellt werden können. Dies ermöglicht unter anderem das Erkennen von Trends in der Datenbasis. Eine frühzeitige Reaktion und Anpassung der Planung ist somit realisierbar.  

Big-Data-Tools bieten eine Plattform, um viele Anwendungsfälle zentral und zugänglich zu realisieren. Hier können Analysen und Dashboards vorgefertigt, immer wieder ausgeführt und an spezielle Gegebenheiten angepasst werden. Die Enduser der Analysen müssen keine speziellen Kenntnisse über die Plattform haben, sondern können bestehende Darstellungen oder Suchen personalisieren. Ein Export der Daten ist über sogenannte Data-Self-Service-Tools möglich.  

Big Data Analytics in der Baubranche 

Die Informationen, z.B. aus Berta, können bereits für zahlreiche Use Cases verwendet werden, beispielsweise für Geofencing, Condition Monitoring oder der „Baumaschine As A Service“. Diese Vorteile spielt eine Big-Data-Plattform aber erst mit einer Verknüpfung und Anreicherung der Daten oder mithilfe von Advanced Analytics mit Machine-Learning-Algorithmen aus. 

Denkbar wäre hier eine Verknüpfung des Instandhaltungs- und Wartungssystem, um bereits im Voraus Ersatzteile und Personal für nötige Reparatur anzufragen bzw. zu reservieren oder mit Predictive Maintenenance drohenden Problemen mit dem Equipment schon beim Entstehen entgegenzuwirken. Es ist sinnvoll, personalisierbare Dashboards und Templates der jeweiligen Berufsgruppe (z.B. Disponent, Instandhaltung, …) anzupassen und den Nutzer:innen damit mehre Informationsebenen anzubieten. 

Damit sichergestellt ist, dass es Berta gut geht, benötigt es ein Orchester von Services aus der Big-Data-Analytics-Landschaft. IoT ist ein wesentlicher Bestandteil davon.