Wenn ein mittelständisches Unternehmen aus der Chemiebranche mit rund 180 Mitarbeitenden beschließt, seine ERP-Landschaft grundlegend zu erneuern, ist das mehr als ein IT-Projekt – es ist eine strategische Weichenstellung. Der gewählte Weg: SAP S/4HANA Cloud, Public Edition, Greenfield. Der Anspruch: Standardprozesse nutzen, wo immer möglich, und gleichzeitig eine skalierbare, zukunftsfähige Lösung etablieren. Die betroffenen Bereiche? Praktisch alle – von Sales über Procurement, Supply Chain und Manufacturing bis hin zu R&D, Finance und Controlling.
Ein Team, viele Perspektiven
Das Projekt wurde von einem interdisziplinären Team getragen, das nicht nur fachlich breit aufgestellt war, sondern auch methodisch und technisch versiert. Die Projektleitung übernahm gleichzeitig die Rolle des Solution Architects – eine Doppelrolle, die half, technische Zusammenhänge über SAP BTP, SAP Build und SAP Build Process Automation hinweg zu orchestrieren. Unterstützt wurde das Setup durch ein PMO, Consultants für jede Line-of-Business und ein Entwicklerteam, das die Integration in die Tiefe trieb.
Der technische Auftakt: sauber, aber nicht ohne Stolpersteine
Die Systembereitstellung über SAP for Me verlief erfreulich glatt. Zwei Global BTP Accounts wurden eingerichtet – einer für Cloud ALM, einer für die übrige Umgebung mit Sub-Accounts für Entwicklung und Produktion. Auch die Identity-Architektur wurde frühzeitig aufgesetzt: Zwei IAS-Tenants sorgen für klare Trennung zwischen Produktiv- und Testsystemen.
Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Beim Single Sign-On mit Microsoft Entra ID und der Synchronisierung von User-Eigenschaften mussten einige Hürden genommen werden. Die Lösung: Testen, dokumentieren, optimieren – und bei Bedarf eine SAP-Meldung platzieren. Positiv fiel auf: Die Reaktionszeit bei Cloud-Themen war erfreulich kurz.
Struktur trifft Kommunikation: Projektmanagement mit Cloud ALM
Für die Steuerung des Projekts kam SAP Cloud ALM zum Einsatz. Frühzeitig wurden zentrale Fragen geklärt: Wie tief wollen wir steuern? Wie vermeiden wir unnötigen Overhead? Die Antwort lag in einer klaren Struktur mit Templates und transparenten Aufgaben für Configuration Experts und Key-User.
Kommuniziert wurde ausschließlich über Microsoft Teams und SharePoint. E-Mails? Fehlanzeige. Stattdessen: Chat-Gruppen, Tags, geteilte Dokumente – alles mit dem Ziel, relevante Informationen schnell und gezielt bereitzustellen. Das Ergebnis: hohe Beteiligung, lebendige Diskussionen und ein echter Mehrwert für die Projektkultur.
Change Management: mehr als nur Begleitung
Ein dedizierter Change Manager begleitete das Projekt von Beginn an. Der Fokus lag auf der frühzeitigen Einbindung der Key-User und der Etablierung eines Cloud-Mindsets. Denn die Einführung eines Cloud-ERP ist nicht nur eine technische, sondern vor allem eine organisatorische Transformation.
Die Botschaft war klar: Standardisierung ist kein Verzicht, sondern eine Chance. Die IT wird vom Verwalter zum Mitgestalter. Und die Endanwender? Sie rücken stärker in den Fokus, weil Innovationen schneller und direkter bei ihnen ankommen. Die Maßnahmen: Kommunikation, Enablement, Stakeholder-Einbindung – alles mit dem Ziel, Akzeptanz und Engagement zu fördern.
Workshops mit Weitblick
Die Explore-Phase wurde mit drei Monaten plus vier Wochen Puffer geplant. Schnell zeigte sich: Der Puffer war notwendig. Viele Key-User sind in mehreren (Line of Businesses) LoBs aktiv – die Workshops mussten sequenziell stattfinden. Das bedeutete hohe Belastung, aber auch die Chance, Wissen breiter zu verankern.
Besonders hilfreich: SAP Preferred Success. Die Experten standen kurzfristig zur Verfügung und halfen, offene Fragen schnell zu klären – ein echter Mehrwert im Tagesgeschäft.
„NextSummit“: Ein Kick-off mit Symbolkraft
Der Projektstart wurde mit einem besonderen Event gefeiert: „NextSummit“ – ein Name, der die Transformationsreise des Unternehmens symbolisiert. Passend dazu fand das Kick-off in einer Skihalle statt. Auf der Agenda standen Projektziele, SAP Activate, Rollenverteilung und Change Management. Danach ging es bei -4 °C zu den „Wintergames“: Eisstockschießen, Mini-Biathlon, Tauziehen – und ein gemeinsames Abendessen im Après-Ski-Stil. Das Ergebnis: ein gestärktes Team und ein motivierender Auftakt.
Quality Gates: Struktur schafft Sicherheit
Im Rahmen der SAP Activate Methodik wurden alle Quality Gates der Prepare-Phase durchlaufen. Sie halfen, den Fokus zu halten und sicherzustellen, dass nichts übersehen wurde. Die Gates im Überblick:
- Projektcharta, Governance-Modell, Kommunikationsstruktur und Zeitplan definiert
- Projektstandards und Infrastruktur etabliert, Kick-off durchgeführt
- Change-Management-Konzepte für Zielbild, Vorgehen und Rollen erstellt
- Erste Lernstrategie („Train the Trainer“) formuliert
- Business Driven Configuration Questionnaire (L2) beantwortet
- Zugang zu SAP Cloud ALM eingerichtet und geschult
- Systeme bereitgestellt und getestet
- Zeitplan für Fit-to-Standard-Workshops abgestimmt
- Kunden-Engagement für Projektaktivitäten bestätigt
- Zertifizierung des Implementierungsteams überprüft
Alle Gates wurden erfolgreich abgeschlossen. Der nächste Schritt: die formale Übergabe an den Lenkungsausschuss und der offizielle Abschluss der Prepare-Phase.

Fazit und Ausblick
Die erste Etappe ist geschafft. Die Motivation im Team ist hoch, der Spirit stimmt – und die Basis für die Explore-Phase ist gelegt. Klar ist: Der Weg bleibt anspruchsvoll. Aber mit dem richtigen Mindset, einem klaren Fokus auf Standards und Raum für Reflexion ist das Team gut gerüstet.
Die nächsten Wochen stehen im Zeichen der Vertiefung – und der nächsten Schritte auf dem Weg zum Gipfel.