Im ersten Teil dieser Blog-Serie wurden die grundlegenden Cloud-Modelle und -Computing-Dienste erläutert, die die Entscheidungsgrundlage für die Transformation von Fachverfahren in eine Cloud darstellen.
Warum eigentlich Cloud?
Der Begriff „Cloud“ ist allgegenwärtig, insbesondere im Zusammenhang mit der Digitalen Transformation – und doch ist die „Cloud“ für viele nicht klar umrissen. Neue Anforderungen wie z.B. das Onlinezugangsgesetz (OZG) stellen Behörden vor neue Herausforderungen, insbesondere durch den Fachkräftemangel bedingte Bedenken in Bezug auf den Betrieb neuer Infrastrukturen. Ein Aspekt ist hier oft der Medienbruch. Damit ist gemeint, dass die Digitalisierung heute oft nicht durchgängig umgesetzt wird. Dies ist bspw. bei Online-Formularen ohne automatische Übernahme von spezifischen Daten, die Anwender:innen oder Bürger:innen händisch eintragen müssen der Fall. Hier muss das Formular dann wieder eingescannt und der entsprechenden Behörde zur Verfügung gestellt werden. Diese druckt das Dokument dann für weitere Bearbeitungen, z.B. Unterschriften, wieder aus. Eine durchgängige Digitalisierung kann durch die Verwendung von Cloud-Diensten wesentlich vereinfacht und somit Medienbrüche ausgeschlossen werden.
Cloud-Lösungen basieren auf Standards der Cloud-Betreiber, die in Gänze jedoch keine standardisierte Gesamtlösung darstellen. Jede Behörde hat andere technische und organisatorische Anforderungen, denen es gerecht zu werden gilt. Nur mit einem gesamtheitlichen, also technischen und organisatorischen Ansatz, gelingt erfolgreicher Start in die Cloud.
Daher sollte jede Transition von Geschäftsprozessen in die Cloud mit einer fundierten Ist- und Soll-Analyse auf technischer sowie organisatorischer Ebene starten: Welche Anforderungen gibt es, was soll für die jeweilige Behörde oder Fachanwendung erreicht werden?
Vorteile der Cloud-Nutzung
Für Viele, die sich bislang nicht mit der Nutzung der Cloud beschäftigt haben, steht an erster Stelle der Gedanke, dass sich die Kosten zum Vorteil der Behörde ändern werden. Die Erstellung und Beurteilung des Business Cases sollte die Cloud Transition jedoch begleiten. Das Ziel dahinter ist es, mögliche höhere Kosten langfristig durch Nutzenvorteile auszugleichen oder zu reduzieren. Die geteilte Verantwortung über den Betrieb der Dienste wird zudem die Nutzung der Cloud-Dienste vereinfachen und sicherer gestalten.
Wesentliche Vorteile der Nutzung von Cloud-Diensten im Unterschied zu On-Premieses-Lösungen sind:
- Flexibilität – Cloud-Anbieter stellen ein breites Angebot zur Verfügung
- Agilität – schnelle Reaktion auf geschäftliche Entscheidungen: Infrastruktur binnen Minuten aktivieren oder auch deaktivieren
- Automatische Skalierung – Lassen Sie Ihre Beschäftigten in Projekten neue Mehrwerte schaffen und automatisieren Sie so viel wie möglich
- Verfügbarkeit – 24×7, Ausfallsicherheit, überregionale bis weltweit
Die Cloud bietet Behörden eine gute Möglichkeit, kosteneffizient und -transparent IT-Infrastrukturen aufzubauen und zu betreiben. Allerdings muss dabei der Spagat zwischen Betreibbarkeit, Kosten und Sicherheit (z.B. Vorgaben des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik, BSI) bedacht werden.
Agilität
Die Bereitstellungszeit von Infrastrukturen wird durch eine Virtualisierung und Abstrahierung der zugrundeliegenden physischen Infrastruktur und den Einsatz modernster Technologien und Methoden verkürzt. Technische Anforderungen sowie organisatorische Prozesse können durch den Einsatz einer Cloud effizienter und somit schneller umgesetzt werden. Durch eine nahezu grenzenlose Skalierbarkeit der Cloud eignet sich diese besonders für sehr komplexe und umfangreiche Infrastrukturen sehr gut. Das liegt zum einen an dem für Administrator:innen wegfallenden Aufwand der Hardwareinstandhaltung (Räumlichkeiten, Klimaanlage, Strom, Server/Netzwerk Bestellungen, etc.), da diese Tätigkeiten vom Cloud-Anbieter übernommen werden. Zum anderen führt der sogenannte Skalierungseffekt der Cloud-Anbieter dazu, dass die Anbieter zu niedrigeren Preisen Server- und Netzwerk-Produkte erwerben und damit den Nutzern zu günstigeren Konditionen bereitstellen können.
Flexibilität
Ein weiterer Aspekt ist die flexible Bereitstellung von Ressourcen. Durch die “On-Demand”-Bezahlung von Ressourcen, also die Bezahlung bei Nutzung, entstehen keine Vorabkosten. Alle Kosten sind fortlaufend und transparent. Die große Skalierbarkeit der Cloud kann somit potenziell entstehende Lastspitzen des Systems automatisiert und sehr schnell abgefangen. Eine Herausforderung dabei ist es, die variablen und schwer abschätzbaren Betriebskosten zu kontrollieren und regelmäßig zu optimieren (z.B. nicht genutzte Ressourcen wie Testumgebungen).
Verfügbarkeit
Die Verfügbarkeit von Fachverfahren ist ein wichtiges Thema im Behördenkontext, da viele öffentliche Verwaltungen auf sie angewiesen sind, um ihre täglichen Aufgaben effektiv und effizient zu erledigen. Fachverfahren sind spezialisierte Softwareanwendungen, die für spezifische Aufgaben innerhalb der öffentlichen Verwaltung entwickelt wurden. Beispiele hierfür sind etwa das Einwohnermeldewesen, das Steuer- oder Zollverfahren oder das Straßenverkehrswesen.
Die Verfügbarkeit von Fachverfahren hat daher direkte Auswirkungen auf die Effektivität und Effizienz der Verwaltungsprozesse, da sie einen reibungslosen Betrieb und die schnelle Bearbeitung von Anträgen und anderen Vorgängen ermöglicht. Die Cloud kann dabei helfen, die Verfügbarkeit zu erhöhen. Durch die Nutzung von Cloud-Computing-Technologien können Fachverfahren auf einer skalierbaren, hochverfügbaren und sicheren Infrastruktur bereitgestellt werden. Cloud-Provider bieten redundante Rechenzentren und Netzwerke, um eine hohe Verfügbarkeit und Ausfallsicherheit zu gewährleisten. Dies bedeutet, dass Fachverfahren auch bei Ausfällen oder Störungen einzelner Komponenten oder Rechenzentren weiterhin verfügbar sind.
Skalierbarkeit
Darüber hinaus bietet die Cloud auch die Möglichkeit, flexibel und bedarfsgerecht zu skalieren. Wenn beispielsweise ein Fachverfahren plötzlich einer erhöhten Nachfrage ausgesetzt ist, können Ressourcen automatisch hinzugefügt werden, um die Leistung zu erhöhen und Engpässe zu vermeiden. Wenn die Nachfrage wieder sinkt, werden diese Ressourcen wieder freigegeben. Dies ermöglicht eine effiziente Nutzung von Ressourcen und reduziert gleichzeitig die Kosten für die öffentliche Verwaltung.
Datensouveränität
Mit der Datensouveränität ist die unbedingte Hoheit eines Individuums oder einer Institution über die eigenen Daten gemeint. Hierzu gehört die Verfügbarkeit, aber auch die Kontrolle über die eigenen Daten. Sie entscheiden, ob und an wen Sie welche Daten zur Verfügung stellen wollen. Es müssen technische und organisatorische Maßnahmen eingeführt werden. Mit deren Hilfe soll sichergestellt werden, welche Daten (Datenklassifizierung) mit welchen Mitteln vor unberechtigten Zugriffen geschützt werden. Auf den Aspekt der Sicherheit in der Cloud wird im dritten Teil dieser Blog-Serie noch genauer eingegangen.
Technologien
Es steht eine große Anzahl an ausgereiften Technologien zur Verfügung, um Cloud-Dienste zu ermöglichen. Üblicherweise werden diese nach Servicemodellen kategorisiert und als Schichtenmodell präsentiert, beispielsweise als Infrastructure-, Platform- oder Software-as-a-Service.
Themen wie Virtualisierung, Container und programmierbare Rechenzentren gehören dabei zu den Top-Interessen, wenn es um die Cloud-Nutzung geht. Die Besonderheit ist dabei die weitreichende Standardisierung und Automatisierung von Cloud-Technologien. Erst dadurch werden die Grundlagen für Flexibilität und Kostensenkungen geschaffen.
Organisation
Jede Technologieeinführung geht zwingend mit organisatorischen Änderungen einher. Wenn z.B. Software containerisiert wird, ändert sich mittelbar auch deren Nutzung. Eine Bereitstellung aus der Cloud bedingt eine geänderte Verwaltung der IT-Landschaft. Nutzer:innen nehmen diese Änderungen als Service- und Prozessänderungen wahr, mit der sie vertraut gemacht werden müssen und an die sich auch die gesamte Organisation der Behörde langfristig gewöhnen muss. Ein Appell an dieser Stelle ist, dass grundlegende Änderungen frühzeitig durch ein gut aufgestelltes Change Management (z.B. die Prosci® Methodik und das ADKAR® Modell) organisiert und die Benutzer:innen in den Wandel involviert werden. Die Vorteile, die eine Transformation von Fachverfahren in die Cloud bietet, werden nur dann zu einem vollen Erfolg führen, wenn die Benutzer:innen mitgestalten können. Schließlich müssen die Mitarbeitenden die Veränderungen mittragen und neue Prozesse in ihren Alltag integrieren. Durch die frühe Einbeziehung betroffener Personen kann Ängsten und Widerständen frühzeitig begegnet werden.
Organisation und Technologie
Technologische und organisatorische Planung müssen zusammen betrachtet werden. Die erfolgreiche Einführung von Cloud-Diensten setzt eine übergreifende Betrachtung voraus, die dann in einer gut geplanten Einführung mündet.
Software, die für die Einführung von Cloud-Diensten und Technologien zur Verfügung steht, ist zwar standardisiert, aber auch für unterschiedliche Einsatzzwecke optimiert. Jede Organisation ist anders und muss individuell betrachtet werden.
Fazit
In diesem zweiten Teil der Blog-Serie wurden die Vorteile einer Transformation von Fachverfahren in die Cloud und die damit einhergehenden Änderungsanforderungen an die Organisation der Behörden dargestellt. Im Auge behalten muss die Behörde die Bedeutung der Änderung für die Nutzer:innen – nur ein gut aufgestelltes Change Management ermöglicht den vollen Erfolg einer Transformation von Fachverfahren in die Cloud. Kostenersparnis, gesteigerte Agilität in der Bereitstellung neuer Dienste und eine Erhöhung der Automatisierung innerhalb von Fachverfahren stehen als Vorteile im Fokus. Die möglichen Risiken (Daten in der Cloud) müssen abgewogen und durch entsprechende technische und organisatorische Maßnahmen, z.B. Datenklassifizierung und Datenverschlüsselung, ggf. sogar Air Gap-Umgebungen, reduziert werden.
Ausblick
Im dritten und letzten Teil dieser Blog-Serie werden verschiedene Wege in die Cloud und die Aspekte der Sicherheit in der Cloud beschrieben.