Jira Service Management als ITSM-Tool
Die Applikation Jira Software von Atlassian erfreut sich als Vorgangs- und Projektverfolgungs-Tool besonders in Software-Entwicklungskreisen größter Beliebtheit. Während Jira Software auf das agile oder konventionelle Umsetzen und Tracking von Projekten setzt (Waterfall, Scrum, Kanban, etc.), benötigen viele Unternehmen darüber hinaus eine potente IT-Service Management-Lösung (ITSM). Dabei bietet sich Jira Service Management (JSM) aus dem Atlassian-Ökosystem an. Beide Applikationen bauen auf derselben Plattform auf. JSM vereint die Workflows und Aufgabenmanagementfunktionen von Jira Software mit einem Self-Service-Portal, in dem Mitarbeitende unkompliziert Hilfe erhalten und trägt mit sofort einsatzbereiten ITIL-Prozessen und Funktionen wie SLAs und Automatisierung zu einer schnelleren Servicebereitstellung bei.
Die Ausgangslage – unterschiedliche Lizenztypen und Nutzungsszenarien
Trotz ihrer gemeinsamen Plattform unterscheiden sich Jira Software und JSM unter anderem bei der Lizenzvergabe und den Projektarten. Während bei Jira Software User-Lizenzen für aktive Nutzende der Applikation vergeben werden, werden für die Bearbeitung und Nutzung der JSM-Projekte Agentenlizenzen verwendet. Zur Erstellung von Anfragen über das Self-Service-Portal werden keine Lizenzen benötigt, jedoch für die Bearbeitung dieser Anfragen. Jira Software-User ohne JSM-Lizenz können die Tickets nicht über die Bearbeitungsmaske aufrufen, sondern nur über das Portal, sofern sie als Beobachter zur Anfrage hinzugefügt wurden. Nun gibt es aber auch große finanzielle Unterschiede zwischen den Kosten pro User und Agent. Eine Agentenlizenz von JSM schlägt dabei mit dem Faktor 2 bis 2,5 im Vergleich zu einer User-Lizenz von Jira Software zu Buche (abhängig von der Bereitstellungsoption Data-Center oder Cloud).
Wie sich der steigende Bedarf von Agenten decken lässt, ohne neue Lizenzen erwerben zu müssen
Daraus ergibt sich die Notwendigkeit ein effizientes Lizenzmanagement aufzubauen, das auch bei steigendem Bedarf von Agenten, die in JSM-Projekten Anfragen bearbeiten oder freigeben können, decken kann, ohne direkt neue Lizenzen erwerben zu müssen.
Dies kann unter anderem durch die Verknüpfung von JSM- und Jira Software-Projekten mit einer bidirektionalen Synchronisation erreicht werden. Dabei ist das Ziel, Anfragen, die lediglich den Agenten zugänglich sind, auch Usern aus Jira Software zugänglich zu machen. Durch die bidirektionale Synchronisation zwischen den Projekten werden Änderungen in beiden Projekten jederzeit auf dem gleichen Stand gehalten und erweitern darüber hinaus den Nutzungsgrad von Jira Software-User-Lizenzen auf annähernd JSM-Agenten-Niveau.
Beispielsweise können Anfragen aus dem JSM-Portal nun auch von Anwendenden freigegeben oder bearbeitet werden, deren fachliche Freigabe lediglich sporadisch benötigt wird und die nicht primär Service-Management-Agenten sind.
Wie die Einrichtung der bidirektionalen Synchronisation funktioniert
Die Einrichtung der bidirektionalen Synchronisation erfolgt hauptsächlich über globale Automationsregeln von „Automation for Jira“. Dies kann bei den On-Premise-Bereitstellungsoptionen Server und Data-Center durch den Erwerb des Plug-ins „Automation for Jira“ über den Atlassian Marketplace erfolgen.
Bei den Cloud-Plänen Standard und Premium sind die Automationsregeln bereits inkludiert. Jedoch sollte der Premium-Plan vorhanden sein, um uneingeschränkte Ausführungen der Automationsregeln zu gewährleisten. Beim Standard-Plan sind diese auf 500 Ausführungen pro Monat begrenzt.
Ausgangspunkt der Einrichtung ist ein JSM-Projekt, in dem Anfragen entweder durch das Portal, Emails oder manuell angelegt durch die Agenten erstellt werden.
Nun bedarf es eines Jira Software-Projekts, bestenfalls ein Kanban-Projekt, in dem die eingehenden Anfragen für die „normalen User:innen“ synchronisiert werden sollen.
Die Bildschirmmasken, Vorgangstypen, Workflows usw. können dabei vom JSM-Projekt übernommen werden, um den Ablaufprozess und die Daten so nah wie möglich am Ausgangsprojekt zu halten.
Zwischen diesen beiden Projekten wird nun durch globale Automatisierungsregeln eine Echtzeit-Synchronisation erstellt.
Zunächst muss ein neues Ticket in Jira Software erstellt werden, sobald eine Anfrage in JSM eingeht. Dieses neue Ticket muss mit dem Originalticket in JSM automatisch verknüpft werden, um spätere Automationsregeln zielgerecht ausführen lassen zu können.
Sobald nun Felder in dem Originalticket in JSM verändert werden, oder Kommentare vom Anfragesteller und Agent hinterlassen werden, werden diese Veränderungen an das verlinkte Jira Software-Ticket übertragen.
Sobald die fachliche Freigabe des Jira Software-Users während eines bestimmten Status im Workflow benötigt wird, wird dieser benachrichtigt und kann die Anfrage daraufhin entweder genehmigen oder ablehnen. Die Entscheidung der Freigabe wird durch entsprechende Automationsregeln daraufhin im JSM-Ticket direkt aktualisiert und die Agenten können die Anfrage abschließen.
Gibt es Einschränkungen bei der bidirektionalen Synchronisation?
Durch die Nutzung eines Jira Software-Projekts des Typs Kanban kann man die Anfrage-Warteschlange der JSM-Projekte sehr gut nachstellen und behält so auch als Jira Software-User:in den Überblick über alle Anfragen.
Es gibt jedoch auch einige Einschränkungen an Funktionen, die man nur über einen Workaround reproduzieren kann.
Eine Einschränkung sind unter anderem die SLAs (Service Level Agreements), die in Jira Software-Projekten nicht vorhanden sind. Hier kann man über Automationsregeln kurz vor Überschreitung und bei Überschreibung interne Kommentare schreiben, die nur Agenten und User sehen können. Dies kann im Zusammenspiel mit dem Eskalationsmanagement konfiguriert werden.
Eine weitere Einschränkung sind die Anhänge der Anfragen/Tickets. Jira ist nicht als Fileshare-System ausgelegt und daher ist es nicht möglich, Anhänge zu klonen und in andere Tickets zu kopieren. Um dennoch als Jira Software-User die Anhänge ansehen zu können, müssen diese als Beobachter der originalen Anfrage im Portal hinzugefügt werden.
Vorteile & Fazit
Die großen Vorteile dieser Einrichtung bestehen darin, dass die User:innen, die nur sporadisch bei Anfragen in JSM-Projekten benötigt werden, keine permanente oder temporäre Agentenlizenz benötigen. Damit wird die Funktionalität von Jira Software über die Automationsregeln näher an JSM herangeführt. Aber auch darüber hinaus, gibt es die Möglichkeit permanente „Agentenlizenzen Light“ mit dieser Umsetzung zu erzeugen und normale User:innen als Agenten in externen Jira Software-Projekten an Anfragen arbeiten zu lassen.
Die Automationsregeln übernehmen dabei die komplette Kommunikation zwischen den Projekten und ermöglichen es, praktisch ohne große Nachteile, aber besonders kosteneffektiv, die größte Funktionalität aus den Lizenzen herauszuziehen. Aus diesem Grund bietet sich diese Konfiguration besonders für die Unternehmen an, die bereits alle ihre Lizenzen vergeben haben und über teure User-Tier-Upgrades nachdenken. Wenn bereits „Automation for Jira“ als Plugin in einer DC-Instanz genutzt wird, oder man einen Premium-Cloudplan verwendet, sollte diese Möglichkeit definitiv in Betracht gezogen werden.